Um 1920 begann Herr Arnold Koch seine Tätigkeit in Hamburg als Quartiersmann. Er kam aus Bremen, war dort als Küfermeister beim Außenhandelsunternehmen C.Melchers & Co. tätig gewesen. Hier in Hamburg vertrat er die Interessen der Firma C.Melchers & Co., die sich hauptsächlich mit dem Import von Rohstoffen aus dem ostasiatischen Raum und auch aus West- und Ostafrika befasten. Es handelte sich hauptsächlich um Seidenkokons, Eiprodukte, Rohfedern, Holzöle, Häute und Felle.
Mit der Eintragung in das Handelsregister am 23.Januar 1923 steht das einzige authentische Datum der Firmengründung fest. Eventuelle weitere Unterlagen sind aller Wahrscheinlichkeit in den Bombennächten vernichtet worden.
Aus mündlicher Überlieferung : Der Firmenname „ARNOLD KOCH JR" soll dadurch zustande gekommen sein, das beim Amtsgericht Hamburg bereits für einen Schlachterbetrieb der Name Arnold Koch vorlag. "Dann bin ich eben der Junior" soll Arnold Koch seinerzeit gesagt haben und schon war die Firma „Arnold Koch jr." entstanden und eingetragen.
Die Lagerräume in der Speicherstadt befanden sich zunächst am Kehrwieder, bis zum Kriege hauptsächlich in den Speichern Kehrwieder 5 – 8.
Zu dieser Zeit bestand noch die Möglichkeit, je nach Bedarf kurz- oder mittelfristig Räumlichkeiten anzumieten, so das zeitweilig bis zu 28 Böden gleichzeitig bewirtschaftet wurden.
Wilhelm König
Im Jahre 1931 trat der Neffe von Arnold Koch, Wilhelm König, geb. 18.05.1901 in die Firma Arnold Koch jr. ein. Wilhelm König war der Sohn von Adolf König, Bruder von Frau Frieda Koch, geb. König.
Am 17.Mai 1936 starb der Firmengründer Arnold Koch im Alter von 69 Jahren.
Lt. vorliegendem Vertrag vom 19.12.1936 zwischen Wilhelm König und der Familie übernahm Wilhelm König die Firma Arnold Koch jr. als Alleininhaber. Der Vertrag wurde von Frau Frieda Koch sowie der Schwester von Arnold Koch, Frau Henny Fischborn mit Ehemann Wilhelm Fischborn und Frl. Anna Koch unterzeichnet.
Zu dieser Zeit wurden inzwischen nicht nur die über Hamburg laufenden Importe der Firma C.Melchers & Co. abgewickelt und betreut, es wurden auch Kunden aus Hamburg geworben und die Anzahl der Artikel weitete sich aus.
Hans Neumann war der Lagermeister zu dieser Zeit, er hatte seinen Platz auf dem 1.Boden. Er hatte ein Podest mit Balustrade und einem Stehpult gegenüber der Tür zum Boden. Nebenbei befaste er sich mit der Herstellung von Zigarren und kleinen Zigarillos. Dankender Abnehmer war gelegentlich der Kutscher von Firma Peters & Löwenthal, vernünftige Formate für den Kunden anlässlich eines
Besuches am Lager zwecks Besichtigung oder Entrichtung der monatlich fälligen Lagerkosten. Zu dieser Zeit war der Empfang und die Einlagerung von Seidenkokons eine der hauptsächlichsten Tätigkeiten. Hierbei fielen schon am Kai schon erhebliche Außenarbeiten und Kontrollen an. Die Artikel erweiterten sich um Tapiokamehl, Aprikosenkerne und Rohkaffee. Diese Artikel erforderten erhebliche Außenbords-Verwiegungen u. Kontrollen.
Seidenkokons in Ballen waren sehr sperrig und erforderten erhebliche Lagerflächen. Dieser Artikel wurde fast ausschließlich außenbords in Schuten übernommen. Infolge der Sperrigkeit waren die Schuten weit über Deck beladen, so das sie nur bei Niedrigwasser unter den Brücken in die Fleete kamen.
Zu diesen Außenbordsauslieferungen an Bord der Ostasien-Schiffe „SCHARNHORST" u.
„GNEISENAU" des Norddeutschen Lloyd sowie der Verladung in Schuten am Quartier existieren noch Aufnahmen.
Die Lagerung von Seidenkokons machte es erforderlich, das sich auf jedem Boden eine Katze befand, und zwar Katzen, die geeignet waren die Ratten zu bekämpfen. Allgemeiner Ausdruck für diese Exemplare: „Rottenbieter". Die im Seidenkokon eingebettete abgetötete Raupe zog die Ratten geradezu magisch an. War der Kokon erst einmal angefressen, war er wertlos.
In den Speichern am Kehrwieder (erbaut ab 1880) befanden sich noch die alten von Hand betriebenen Winden deren Zugseile und Bremsseil vom Keller bis zum 6.Boden durch die gesamten Böden gingen. Ein idealer Verkehrsweg für die Ratten. Der 2. Weltkrieg brachte den Import fast völlig zum Erliegen. Seide war zu Herstellung von Fallschirmen ein sehr wichtiger Artikel geworden und der Import lief nur noch spärlich über Russland von China per Waggon.
In den Bombennächten im August 1943 wurden die Böden am Kehrwieder 5 durch Brandbomben völlig zerstört. In diesem Block befand sich auch das Büro der Fa. Arnold Koch Jr. auf dem 2. Boden. Durch dieses Ereignis wurden offensichtlich die gesamten Unterlagen und Dokumente, die seit der Gründung existierten, unwiederbringlich vernichtet. Es wurden auch keine Unterlagen über den Beginn der Tätigkeiten in Hamburg aufgefunden, so das die Eintragung vom 23.Januar 1923 bei der Handelskammer Hamburg der einzige noch bekannte Hinweis ist.
In späteren Bombennächten wurden dann auch noch Böden in den Häusern Kehrwieder 8 und am neuen Wandrahm zerstört. Wie noch bekannt, bekam die Firma Arnold Koch jr. Lager am Brooktorkai und Holländischen Brook. Wilhelm König war freigestellt und als Luftschutzwart in der Speicherstadt tätig. Auf den Böden lagerten nun während des Krieges anstatt der Importgüter aus aller Welt im Auftrage des AKE (Amt für kriegswichtigen Einsatz), nunmehr Ausrüstungen für Lager aller Art. Hier lagerten von der Gulasch-Kanone über Klappbetten und Wolldecken bis zum Kochgeschirr und Bestecken alles, was für die Einrichtung von Lagern notwendig war.
In weiteren Nächten mit Angriffen der Bombengeschwader hatten die Luftschutzwarte und auch die Feuerwehr gut zu tun. Jedoch waren die neuen Speicher aus den Jahren ab ca. 1900 am Brooktorkai und Alten Wandrahm völlig aus Beton gebaut, so das Brandbomben lediglich den obersten Böden etwas antun und einfacher gelöscht werden. Hier habe ich noch in Erinnerung, das im Nachbarhaus Brooktorkai eine Sprengbombe lediglich bis zum 4.Boden kam. Immerhin haben diese Böden eine Tragfähigkeit von 3,5 tons per qm im EG bis 2,5 tons per qm im 5.Boden. Nach Beendigung des Krieges im Mai 1945 wurden die Lagerausrüstungen geräumt und wie ich mich erinnern kann, kam dann im Rahmen des Marshall-Planes amerikanisches Weizenmehl und brauner Kubazucker auf die Lager.
Für die Firma Devrient, welche von der Firma Geigy in der Schweiz die Lizenz zur Herstellung von DDT bekam lagerten erhebliche Mengen von „Anti Louse Powder" in Kanistern und warteten auf die heimkehrenden Kriegsgefangenen. Dann kam auch der Importhandel langsam wieder in Schwung und für teilweise neu gewonnene Kunden füllten sich die Lager mit Rohkaffee, Eiprodukten, Trockenfrüchten, Gewürze, Konserven und Därmen. Die Palette der Produkte hatte sich verschoben.
Jedoch nahmen Produkte aus Ostasien immer noch einen großen Raum ein. Speziell Eiprodukte aus China, wie Trockeneigelb, Kristalleiweiß und Flüssigeigelb in Fässern lagerten auf den Böden, letzteres im Keller am Holländischen Brook.
Zu dieser Zeit nahm die Qualitätsprüfung gerade dieser Produkte immer mehr zu und an manchen Tagen wurden bis zu 200 Muster Eigelb einzeln gezogen und hinsichtlich Farbe und erhöhtem ffa-Gehalt überprüft und abgeschmeckt.
(Es existieren noch Bilder von den typischen Kisten Eigelb und Eiweiss, Holzkisten mit Blech ausgeschlagen)
Da die Teigwarenindustrie darauf bestand, das das hierfür benötigte Eigelb eine möglichst kräftige Farbe aufwies, was in den Wintermonaten nicht immer so möglich war, wurde in dieser Zeit zunehmend mehr mit Enteneigelb verschnitten und somit eine dunklere Färbung erzielt. Jedoch wurden hierdurch in zunehmendem Umfang Partien mit Salmonellen befallen. Die Folge waren umfangreiche Prüfungen und Kontrollen der einzuführenden Partien durch die Gesundheitsbehörden. Inzwischen bauten die Holländer und Dänen die Herstellung von Eiprodukten stark aus, so das sich der Import immer stärker in diese Länder verlagerte.
Seidenkokons wurden nach dem Kriege auch nicht mehr importiert, China exportierte fertige Rohseidengewebe aus Honan und Shantung.
Nach dem Kriege war Wilhelm König einige Jahre 1.Vorsitzender des im Jahr 1886 gegründeten „Verein Hamburgischer Quartiersleute von 1886 e.V." und war auch einige Jahre im Aufsichtsrat der Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG.
Drei Generationen vereint auf
dem 75.Firmenjubiläum
im Hafen-Klub Hamburg.
v.l. Fritz W. König, Moritz König, Manfred König
Fritz-Wilhelm König, Sohn Manfred und Enkel Moritz
Nach einer 3-jährigen Lehrzeit zum Chemielaboranten in der chem. Fabrik Devrient sowie der Norddeutschen Affinerie trat der Sohn Fritz-Wilhelm König im April 1952 in die Firma ein und erhielt im Jahre 1995 Prokura.
Im Jahr 1952 wurden auf dem 4.Boden die ersten Orientteppiche aus Persien eingelagert. Für die Firma Riza Tchouhadji wurde ein ca. 100 qm-Verschlag eingerichtet.
Henry Petersen war nach dem Kriege Lagermeister, Franz Fülscher war Küper , für das Handling, für die Bemusterungen und auch die Reparatur der damals noch in Holzfässern verpackten Artikel ein ganz wichtiges Handwerk. Hierzu gehörten z.B. flüssiges Eigelb (mit Bezoesäure konserviert), Fruchtpulpe (mit Schwefeldioxyd konserviert) und auch Weine in sogenannten Halbstücken.
Nach dem Tode seines Vaters Wilhelm König am 15.Mai 1961 übernahm dann der Sohn die Firma Arnold Koch jr. Die Aktivitäten wurden weiterhin ausgedehnt, in zunehmendem Maße wurden Schadensbearbeitungen durchgeführt. Zu den damaligen Produkten kamen besonders Trockenfrüchte aller Art sowie Nüsse und Nusskerne hinzu. Besonders Haselnusskerne und Haselnusskern-Präparate aus der Türkei sowie Paranüsse aus dem Amazonasgebiet von Belem bis Manaus und weiter bis Peru nahmen zu der Zeit einen großen Raum ein. Besonders letztere waren sehr arbeitsintensiv. Vom Empfang an Bord als Bulkladung mit Außenbordsverwiegung , Übernahme in Schuten und Aufnahme lose in Körben bis zur Lagerung lose geschüttet bis ca. 1,5 mtr. Höhe. Dazwischen wurden Luftschächte gestellt, damit die Ware von der Einlagerung im Juni/Juli bis zur Absackung im Oktober/November abtrocknen konnte.
Zwischendurch wurden die Partien je nach Beschaffenheit der Ware noch ein- oder mehrmals umgeschaufelt und hierbei die verschimmelten Nüsse abgesammelt. Hierbei entstanden durch die Abtrocknung Gewichtsverluste bis zu 12 %. Doch ist die Qualität und der Geschmack der natürlich getrockneten Paranuss nicht mit dem der heutigen in Trockenöfen behandelten Nuss zu vergleichen.